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lerne.selbst.lieben Zitat Klappentext:

Die Liebe ist allen Menschen gegeben und dennoch befinden sich die meisten auf der Suche nach ihr. Andere wieder haben Angst vor ihr und möchten sie aus ihrem Leben drängen.
Doch die Liebe ist das Phänomen, das den Menschen aus seinem tierhaften Dasein ins Menschsein erhebt und deshalb sein fundamentalster Bestandteil. Konflikte in Partnerschaften, aber auch in Gesundheit und Wohlbefinden haben ihren Ursprung oft in einer Fehlinterpretation der Liebe.

Ich habe vor mehr als 20 Jahren, im Zuge der Aufarbeitung einer Krankheit, den Weg zur Liebe gefunden. Diese sah ganz anders aus, als sie mir bis dahin dargestellt wurde, hat aber in dieser Erkenntnisform mein Leben äußerst positiv verändert.

Es stellte sich heraus, dass die Liebe ein absolut autarkes Phänomen ist, das von noch so vielen unterschiedlichen Meinungen nicht verändert werden kann. Und dass für den Menschen die Selbstliebe und die daraus erwachsende Selbstverantwortung immer an ihrem Ausgangspunkt steht.

 

Inhalt:

Warum
Wofür
Wie
      Die nichtgreifbaren Phänomene
      Die greifbaren Phänomene

 

Das Phänomen der Liebe

Die allgemeinen Grundlagen
 
1-01 Das Wesen Mensch
1-02 Das menschliche Fundament
1-03 Der Mensch, das Gemeinschaftswesen
1-04 Der Mensch und die Ewigkeit
1-05 Der Sinn der Spezies Mensch
1-06 Kommunikation
1-07 Gott
1-07-1 Gott – ganz persönlich
 
Wofür brauchen wir die Liebe
 
Die Überbrückungsmodelle der westlichen Gesellschaft:
 
2-01 Eingemeindung über Normierung
2-02 Eingemeindung über kollektive Problemmuster
2-03 Eingemeindung über das Gewichtsproblem
2-04 Eingemeindung über Krankheiten
2-05 Machtausübung
 
Was ist Liebe?
 
3-00 Das Phänomen der Liebe
3-01 Grundlagen und Grundsätze der Liebe
3-02 Die Arten der Liebe
3-02-1 Nächstenliebe
3-02-2 Elternliebe
3-02-2-1 Mutterliebe
3-02-2-2 Vaterliebe
3-02-3 Kinderliebe
3-02-4 Frauenliebe
3-02-5 Männerliebe
3-02-6 Erosliebe
3-02-6-1 Die Lust
3-02-7 Selbstliebe
3-02-8 Gottesliebe

 

Das Phänomen Jesus

4-00 Die Liebe Christi
4-01 Das Symbol Jesus
4-02 Die Dreifaltigkeit Gottes
4-03 Gottessohn oder Menschensohn?
4-04 Heute wie damals
4-05 Himmel auf Erden
4-06 Verliebt in Jesus
4-07 Der Kreuzweg der Liebe
4-08 Was Jesus nicht kann
4-09 Das Lamm Gottes
4-10 Die Wunder
4-11 Die Eucharistie
4-12 Jesus und der Sex
4-13 Jesus und die Scheidung
4-14 Das erotische Himmelreich
4-15 Die Jungfrau und der Pfarrer
4-16 Resumee
 
Wie es dazu kam

 

 

3-0 Das Phänomen der Liebe

Was ist Liebe?
 
Nachdem wir uns nun so ausführlich damit beschäftigt haben, was die Liebe nicht ist und wie wir uns aus dem Kreise der Liebe hinausmanipulieren lassen, wird es nun endlich Zeit, uns der Liebe zuzuwenden.
Wir wollen sie als erstes in ihrem phänomenologischen Sinn aufspüren, in weiterer Folge ihre Grundsätze aufzeigen, um echte Liebesmuster von gängigen Modellen unterscheiden zu können und dann den Bogen schließen mit den Arten der Liebe.
 
Das Phänomen der Liebe
 
Wenn ich nun versuchen will, den phänomenologischen Sinn der Liebe zu erklären, dann ist es sehr nützlich, sie in ein leicht anschauliches Modell zu transferieren. Alles was liebend ist, muss sich zu einem Kreis zusammenfügen. Nur der Kreis ist die Form der absoluten Ewigkeit. Weil er ohne einen Richtungswechsel zu erfordern, nirgends beginnt und nirgends endet. Immer in eine Richtung – und doch kein Anfang und kein Ende. Um Ewigkeit zu erlangen, muss also immer im Kreis vorangeschritten werden.
Wenn Sie mit dem Finger einen Kreis ziehen und immer wieder weiter im Kreis ziehen, und immer weiter und weiter, dann werden Sie leicht erkennen, was ich meine. Nirgends beginnt, nirgends endet diese Bewegung und diese Linie. Immer weiter, immer weiter – endlos.
In dem Augenblick, wo Sie mit dem Finger stehen bleiben, ist die Endlosigkeit, der ewige Kreislauf unterbrochen.
Wenn immer fortgeschritten werden muß, dann ist logisch, daß immer eins aus dem anderen erwachsen muss. Wird diese Kette unterbrochen, gibt es wieder keine Ewigkeit.
Alles, woraus etwas erwachsen muss, um in die Ewigkeit eingehen zu können, benötigt die Zuwendung. Nur die Zuwendung ermöglicht ewigen Fortgang. Im biologischen Bereich können wir das sehr leicht beobachten. Nur aus sich einander zuwendenden Vorgängen entsteht immer Neues. Aus sich voneinander abwendenden Vorgängen kann nichts Neues entstehen.
 
Ewigkeit bedeutet also: Immer-neue-Zuwendung. Um aus Zuwendung etwas ewig fortzuführendes erwachsen lassen zu können, benötigt man die Liebe. Wenn sich der Hass irgendetwas zuwendet, zerstört er und unterbricht damit die Endlosigkeit.
Das liebevolle Zuwenden bedeutet immer-geben-wollen. Was und wem und in welcher Form auch immer. Dort liegt einer der verhängnisvollsten Irrtümer in bezug auf die Liebe. Der Mensch glaubt, daß er nicht allem und jedem immer geben kann. Doch der Mensch kann sich allem und jedem immer zuwenden und er kann immer sich selbst geben. Die Form ändert sich nur durch die Unterschiedlichkeit der Gegenüber. Aber Zuwendung bleibt Zuwendung und geben-wollen bleibt geben-wollen.
 
Letztendlich muss der Mensch immer sich selbst geben. Er hat gar keine andere Möglichkeit. Er muss sich in die Ewigkeit einbringen, ob er will oder nicht. Er bestimmt nur, was er in die Ewigkeit einbringt. Da kommen wir dann zur Individualität und zur Selbstverantwortung.
 
Das Phänomen der Liebe bedeutet deshalb immer-geben-wollen, weil dies die einzige Möglichkeit der Zuwendung ist, aus der immer wieder etwas entstehen kann. Nur wenn immer gegeben wird, besteht auch die Möglichkeit, annehmen zu geben. Einer gibt und der andere gibt durch annehmen. Wenn alle nehmen…..
Wenn man immer geben will, muss man also auch annehmen können, weil man dadurch einem Anderen die Möglichkeit zum Geben gibt.
Dort schließt sich der Kreis der Liebe zur Selbstliebe. Nur wer sich sich selbst zuwenden kann, gibt einem Anderen die Möglichkeit, sich ihm ebenfalls zuzuwenden. Nur wer sich selbst etwas geben kann, gibt auch einem Anderen die Möglichkeit ihm etwas zu geben. Nur wer sich selbst liebt, kann also etwas annehmen und weil er dadurch in sich selbst etwas vorfindet, kann er auch etwas geben.
Nur wer sich selbst liebt, kann aus Selbstliebe von einem Anderen um dessen Liebe willen etwas annehmen und aus Liebe um dessen Selbstliebe willen ihm etwas geben.
Wer sich selbst nicht liebt, kann nicht immer geben, weil er sich selbst nichts geben kann und kann auch einem Anderen dadurch keine Möglichkeit geben, ihm etwas zu geben. Wer sich selbst nicht liebt, kann also auch keine Liebe annehmen und weil er dadurch keine Liebe in sich findet, kann er auch keine geben.
Wer nur sich selbst liebt, kann nicht immer geben, weil er einem Andern nichts geben kann.
 
Immer-geben bedeutet deshalb das Immer-zuwenden zu dem, was man gerade geben kann und das ist nur möglich, wenn sich die Selbstliebe mit der Liebe nahtlos verbindet.
Ein ewiger Kreis. Geben und annehmen, geben und annehmen, geben und annehmen…, bedeutet logischerweise immer-zuwenden und daraus entsteht immer wieder Neues und ist immer Bewegung. Deshalb ist dieser Kreis absolut selbsttragend und muss nirgends beginnen und nirgends enden.
Dieses Geben und Annehmen kann logischerweise keineswegs nur direkt zwischen zwei Partnern ablaufen. Wenn aus Geben und Annehmen immer etwas Neues entstehen soll, dann muss dies auch bedeuten, von der einen Seite anzunehmen (da wende ich mich dem Gebenden zu) und nach der anderen Seite abzugeben (da wende ich mich dem Annehmenden zu). Deshalb muss die gegenseitige Zuwendung zweier Partner immer wieder dazu führen, dass sie sich dann eben gemeinsam etwas Neuem zuzuwenden. Das ist ein oft zu beobachtendes Missverständnis in einer Liebesbeziehung, daß die „Liebenden“ glauben alle Bedürfnisse müssten nur von dem Partner gedeckt werden. Doch dies ist eindeutig der Vorgang, die Zuwendung eines Menschen besitzen zu wollen. Liebe zwischen zwei Menschen ist etwas Wunderbares, doch muß sie immer dazu führen, sich anderen Menschen ebenfalls zuwenden zu können, sonst ist es keine Liebe. Wenn man zwei Menschen trifft, die nur einander „lieben“ können, dann ist das keine Liebe, sondern Einsamkeit zu zweit. Wir können sofort erkennen, dass daraus keine Ewigkeitskette entstehen kann. Das Geben und Annehmen geht immer nur hin und her.
 
Auch ein Kreis aus geben, geben, geben, bringt keine Ewigkeit, denn auch hier fehlt die Zuwendung. Wenn immer nur gegeben wird und niemand etwas nimmt – was soll daraus entstehen? Aber woher sollte auch etwas kommen, das man geben kann? Eines Tages wäre der Vorrat erschöpft. Und bei einem Kreis aus nehmen, nehmen, nehmen – ebenfalls. Woher?
 
Wichtige Orientierungen, um die wahre Liebe von der allgemeingültigen Ansicht über die Liebe unterscheiden zu können, sind also
 
1. Liebe ist immer-geben-wollen und
2. Liebe ist nur dann Liebe, wenn sie sich mit der Selbstliebe nahtlos verbinden lässt.

 

 

1-07 Gott

Für alle nichtgreifbaren menschlichen Phänomene, für alles, was spezifisch menschlich ist, aber nicht sicht-, hör- oder angreifbar ist, hat sich der Mensch ein Wesen geschaffen: Gott! Nun höre ich alle religiös Gottgläubigen entrüstet aufschreien. Denn nach dieser, meiner Theorie scheint es so, als hätte nicht Gott den Menschen erschaffen, sondern der Mensch Gott.
 
Nun ganz so ist es auch für mich nicht. Doch für das, was wir so im üblichen Sinn unter „Gott“ verstehen – dafür ist für mich eindeutig der Mensch der Urheber. Götter mit Rauschebärten, die irgendwo fernab in einem Himmel sitzen und richten und verdammen – die gibt es für mich nicht. Auch die Götter anderer Kulturen, die irgendwo außerhalb sitzen und von dort auf den Menschen einwirken. Die sind für mich eindeutig vom Menschen erschaffen.
 
Für mich ist Gott die Liebe! Und nichts als die Liebe! Und diese Liebe erhebt das Säugetier Mensch zum Menschen. Also – hat Gott den Menschen erschaffen!
 
Gott ist die Ewigkeit. Und der Ewigkeit liegt die gleiche Struktur zugrunde, wie der Liebe, weil nur die Liebe Ewigkeit bringt. Und nur in der Ewigkeit liegt für mich der größte erkennbare Sinn. Nur in der Ewigkeit hat alles seinen Platz und nur in der Ewigkeit ergibt alles einen Sinn. Nur die Ewigkeit ist das größte erkennbare Gemeinsame, das alles in sich trägt.
Und nur Gott ist es, der alles in sich trägt. Er ist alles, Er ist in allem, Er war ewig und wird ewig sein. Also ist Gott die Liebe, die diese Ewigkeit aufrecht erhält.
 
Das Problem mit der Ewigkeit liegt für den Menschen darin, dass er die an und für sich undenkfähige Ewigkeit so schwer anerkennen kann. Für den Menschen mit seinem begrenzten Verstand erscheint es so, dass alles einmal beginnen und einmal enden muss. Doch für mich ist dies eindeutig eine Begrenzung des menschlichen Denkvermögens. Ewig ist einfach ewig. In dem Augenblick wo man seinen Anfang erkennen kann, ist es nicht mehr ewig.
 
In allem, was wir in der Ewigkeit finden können, ist Gott. Und Gott liebt die Ewigkeit. Denn nur die Liebe führt ewig weiter. Das Böse oder das Schlechte kann nicht ewig weiterführen. Es zerstört. Anderes oder sich selbst. Da gibt es keine Ewigkeit. Ewig bedeutet, dass eines aus dem anderen erwächst. Ewig. Nie beginnend, nie endend. Das kann aber nur das Gute, die positive Kraft: die Liebe. Aus dieser kann immer wieder etwas erwachsen. Weil es immer wieder Verbindungen geben wird.
 
Wenn der Mensch eines Tages so viel negative Kraft aufgebaut haben wird, dass die angestauten Aggressionen, die aus dem Bösen dynamisch erwachsen, sich entladen, wird er die Erde zerstören. Für die Erde wird es also keine Ewigkeit geben. Doch niemand wird daran zweifeln, dass es dann immer noch Gott gibt. Und dass Gott in – vielleicht – abermilliarden Jahren dann Neues erschaffen wird.
Die göttliche Liebe zu sich selbst, also die ewige Liebe zur Ewigkeit, wird Ihn sich mit anderen Wesen verbinden lassen.
 
Das ist für mich Gott.
Die ewige, alles umfassende Liebe.
Gott liebt alles und jeden. Und alles und jeden gleich. Und warum? Weil er sich selbst so liebt, dass er alles liebt, um nichts zu zerstören. Um sich selbst nicht zu zerstören.
 
Und daraus ergibt sich eindeutig die Untrennbarkeit der wahren Liebe von der Selbstliebe. Es gibt keine Liebe ohne Selbstliebe. Und es gibt keine Liebe ohne Gott.
 
Alles andere erscheint mir vom Menschen erschaffen. Mythen, Geschichte und Geschichten, Symbole, Synonyme, Gleichnisse um für ein absolut nicht greifbares Wesen Erklärungen zu finden. Erklärungen, die man letztlich wieder gar nicht wirklich finden kann, weil die Liebe und damit Gott einfach nicht erklärbar sind. Sie sind eindeutig nur spürbar! Und wie bei der Ewigkeit – in dem Augenblick, wo man ein Gefühl nicht gefühlsmäßig erfassen kann, also erspüren, sondern wo man dafür Erklärungen braucht – ist es kein Gefühl mehr. Ist es keine Liebe mehr. Ist es eine Erklärung. Die Liebe selbst muss man spüren. Das einzige daran ist vielleicht die erkennbare liebevolle Aktion: das Gebenwollen einer Erklärung.
 
Gott hat also für mich den Menschen dadurch erschaffen, dass er ihm die Fähigkeit gab, nicht greifbare Wesen in sich erkennen zu können. Nicht, sie in sich zu tragen. Das tun schließlich alle Bestandteile der Ewigkeit.
Göttliches Sein ist in allem zu sein. Menschliches Sein ist: das göttliche Sein in allem spüren zu können.
Der Mensch hat die Möglichkeit in allem die Liebe erkennen zu können. Er kann in allem die Liebe spüren.
 
Er kann rote Rosen oder Regenwürmer betrachten und ein unbändiges Gefühl der Liebe in sich aufsteigen spüren. Er kann Musik hören oder Bücher lesen und diese Liebe in sich fühlen, er kann anderen Menschen begegnen und Liebe spüren, er kann sogar an andere Menschen „nur“ denken und Liebe spüren. Er kann sich selbst lieben. Er kann seine Arbeit lieben, den Ausblick von seinem Schlafzimmerfenster, den Himmel und die Wolken betrachten und lieben. Er kann in ein finsteres Bergwerk steigen und dort zur schwärzesten Kohle seine Liebe fühlen. Seine Liebe zur Welt, seine Liebe zum Menschsein, seine Liebe zu seinem Leben, seine Liebe zu der Liebe in ihm, also zu Gott. Seine Liebe zum Gesamtkunstwerk der Ewigkeit. Seine Liebe zur Schöpfung Gottes. Er kann alles und jeden lieben. Und das ist das Göttliche in ihm!
 
Doch Achtung! Der Mensch ist nicht Gott! Gott ist ein nicht greifbares Wesen, das an keinen bestimmten Körper gebunden ist. Vollkommen unabhängig ist er immer dort, wo die positive Kraft die Ewigkeit aufrecht erhält.
Der Mensch ist an seinen menschlichen Körper gebunden. Er trägt nur Gott in sich. Die Liebe an und für sich ist in allem. Doch nur dort, wo der Mensch sie erkennen und fühlen kann, ist Gott in ihm.
 
Das ist das menschliche Sein. Gott ist zwar immer im Menschen, doch nur dort, wo der Mensch Gott lebt, wirkt sich die positive göttliche Energie auf den Menschen aus. Auf das Menschsein.
Nur Gott liebt immer. Er kann das, weil er nicht an einen Körper gebunden ist. Er kann immer lieben! Er ist die Liebe und sonst nichts. Er ist nicht der Hass, er ist nicht die Versuchung, er hat nicht mit Ängsten oder Eitelkeiten zu kämpfen, er ist nicht der Lebenskampf, er muss keine stoffliche Substanz pflegen, weil er an keinen Körper und auch nicht an die Welt gebunden ist. Er ist die Liebe und nichts als die Liebe. Er ist absolut und radikal.
 
Der Mensch hat sich mit seinem greifbaren Sein ebenso auseinanderzusetzen, wie mit seinem nichtgreifbaren Sein. Der Mensch ist als Mensch an seinen Körper gebunden. Der Mensch ist als Mensch letztendlich an die Erde gebunden.
Der Mensch kann also nicht so absolut und radikal lieben wie Gott. Er muss auch seinen Körper erhalten, er muss die Welt erhalten, um seinem Sein – dem menschlichen Sein – gerecht zu werden und Sinn zu finden. Der Mensch ist nicht nur mit Gefühlen ausgestattet, der Mensch ist auch mit Trieben ausgestattet, die sein körperliches Sein aufrecht erhalten sollen. Denn ohne den menschlichen Körper könnte der Mensch auch nichts zur Ewigkeit beitragen. Der Mensch benötigt seinen Körper um sein Sein verwirklichen zu können.
 
Er hat seine Art zu erhalten – also die Spezies, d. h. der Sinn des Menschen ist es Menschen weiter zu erhalten.
Menschsein bedeutet in einem menschlichen Körper das göttliche Sein spüren und erkennen zu können.
Er muss also auf der körperlichen Seite seinen Trieben gerecht werden, und auf der geistigen Seite Gefühle und geistige Energie in die Ewigkeit einbringen. Er ist also nicht „nur“ die nichtgreifbare Liebe, sondern er ist ein greifbares Wesen, das lieben kann.
 
Wir können also ganz leicht unterscheiden. Da ist auf der einen Seite Gott, der die Liebe ist. Er kann lieben und sonst nichts. Und das Schöne an ihm ist: Er liebt – und sonst nichts! (Darauf kommen wir später noch ganz genau zurück.)
Da ist auf der anderen Seite der Mensch. Er kann zwar lieben, aber er kann auch noch einiges anderes: er kann hassen, er kann lügen, er kann töten, und dgl.. Und er muss auch noch einiges anderes: er muss essen, er muss schlafen, er muss Kinder zeugen, er muss sich mit anderen Lebewesen auseinandersetzen. Und er muss dadurch manchmal seinen Platz verteidigen, sein Leben verteidigen. Ja überhaupt: er muss erleben! Er muss sich dem Erleben stellen.
 
Dieser Mensch ist nun ein Wesen, das andauernd Entscheidungen treffen muss. Weil er sich immer entscheiden kann. Für die meisten Tiere gibt es diese Möglichkeit nicht – und wenn, dann sicher nicht in diesem Ausmaß, wie für den Menschen – und für die Pflanzenwelt auch nicht. Für Berge, Seen und Wetter ebenfalls nicht. Diese Möglichkeit hat nur der Mensch! Und dort, wo der Mensch sich für die positive Energie in seinem Leben entscheidet, und damit daran beteiligt ist, die Ewigkeit aufrecht zu erhalten, und nicht gegen sie arbeitet, dort ist Gott bei und in ihm. Also entscheidet der Mensch, ob er sich Gott zuwendet, der immer in allem, also auch in ihm ist.
 
Und darum haben die Menschen die große Verdammnis erfunden, in der der Mensch versinkt, der nicht lieben kann. Gott selbst würde sich niemals von den Menschen abwenden. Gott selbst benötigt keine Beweise, er würde die Menschen nie in Versuchung führen. Er würde sie nie büßen lassen!
 
Die Drohungen, die angeblich von ihm kommen, sind für mich eindeutig dem menschlichen Geist entsprungen. Gott warnt, wie jeder Liebende, vor Gefahren.
Doch drohen und dann auch noch verdammen, das kann nur der Mensch. Niemals Gott!
Wenn der Mensch nicht lieben kann, sich also Gott nicht zuwendet, dann befindet er sich auf dem Weg zur Hölle. Weil er seinem menschlichen Sein nicht wesensgerecht wird. Denn ohne Liebe kann der Mensch nicht leben. Er ist dann eine Körperhülle, die der Ewigkeit stoffliche Substanz hinterlässt und keine menschliche Lebendigkeit. Doch nicht Gott hat ihn dorthin befördert. Ob der Mensch lieben kann, dafür ist er eindeutig selbst zuständig. Denn, wenn ein Mensch lieben will – dann kann er auch lieben.
 
Da die Selbstverantwortung leider nicht zu den größten Tugenden der Menschen zählt, hat sich der Mensch für den Zustand des Nicht-liebens ein weiteres nichtgreifbares Wesen erschaffen: den Teufel! So kann er die Verantwortung leicht abgeben. Wenn die bösen Mächte, die wieder einmal von außen auftreten, über ihn hereinbrechen, dann hat der Teufel die Hand im Spiel und der arme Mensch ist ihm hilflos ausgeliefert. Dann muss auch gleich Gott herhalten, der ihm den Teufel geschickt hat, um ihn in Versuchung zu führen (Ich möchte nur wissen, warum er das machen sollte? Ich konnte das bis heute nicht herausfinden…)
 
Ich finde es immer sehr traurig, wenn ich sehe, was Religionen aus dem so einfachen Prinzip der Liebe und der Selbstverantwortung gemacht haben. So viel Trost liegt im Glauben an Gott als die reine Liebe. So viel Sinn liegt in der Selbstverantwortung. Der Mensch könnte sich so leicht orientieren. Doch in dem Urwald von Ritualen, Höllenschrecknissen, Geboten und Verboten, Vergeltungsmaßnahmen, und in dem Sumpf der dauernd vorgebeteten Minderwertigkeit des Menschen und der von vornherein vorausgesetzten Schlechtigkeit, die durch die Erbsünde belegt wird, ja – überhaupt durch diese Überlastigkeit der Kollektivschuld, ist die allesumfassende göttliche Liebe, die niemanden verdammt oder ausschließt, so versteckt, dass sie meistens nicht einmal mehr den priviligiertesten Religionsforschern zugänglich ist.
 
So viel Trost und Glück habe ich in meiner Auseinandersetzung mit Gott gefunden, wie ich in vielen Jahrzehnten Konfrontation mit religiösen Praktiken nicht einmal annähernd gefunden habe. Ich habe meinen Glauben gefunden!
Und für mich gibt es für einen Menschen einfach nichts Tröstlicheres auf der Welt, als wenn er glauben kann.
 
Ich weiß, dass ich große Worte gelassen ausspreche. Ich weiß, dass ich mir dadurch viele Gegner, wenn nicht sogar Feinde schaffen werde. Ich kenne die Argumente nur zu gut, die mir entgegengeschleudert werden können. Viele werden mit der Bibel in der Hand auf mich losstürzen und mir beweisen wollen, dass ich nicht recht habe.
 
Doch ich kann gleich vorwegnehmen: Mir muss niemand etwas beweisen. Ich kann glauben. Und Glauben ist etwas für Menschen, die keine Beweise brauchen. Glauben ist wie Lieben. Glauben muss man selbst können, Glauben kann niemals von außen bewiesen werden. Sowie auch die Liebe nie von außen bewiesen werden kann.
Diese Menschen wollen dann alle nur sich selbst etwas beweisen. Was mir wieder zeigt, dass sie gerne etwas glauben würden, sich aber nicht trauen. Und dass diese Menschen, anstatt etwas zu suchen woran sie glauben können, sofort daran gehen, mir meinen Glauben nehmen zu wollen. Mir muss bewiesen werden, dass ich nicht Recht habe, damit ihr Nichtglauben zu Recht besteht. Da können manche schon ganz schön rundumschlagen.
 
Ich meine damit nicht, wenn jemand Fragen stellt, um sich selbst ein Bild machen zu können. Und sei es auch ein anderes, als ich es mir mache. Im Gegenteil, das liebe ich! Doch die meisten Menschen wollen Beweise. Und am liebsten wollen sie mir beweisen, dass ich nicht Recht habe.
Mich fasziniert es nur immer wieder, wenn ich mit einer an sich einfachen und vor allem sehr tröstlichen These unter die Menschen gehe, wie viele es gibt, die sie sofort zerstören wollen und wie wenige Menschen es gibt, die sagen: Moment, die Frau hat Trost gefunden, die Frau hat Liebe gefunden – wie hat sie das gemacht?
Keiner muss es deshalb auch so machen, wie ich. Doch mich persönlich interessiert es immer, wenn ich Menschen treffe, die etwas Positives im Leben gefunden haben. Dann will ich wissen, wie sie dazu gekommen sind, um vielleicht etwas Neues erfahren zu können, um vielleicht etwas dazulernen zu können.
 
Ich sehe darin die Angst der Menschen vor dem Glauben. An etwas zu glauben, das man nicht beweisen kann. Sie können nicht erkennen, dass das Wort „glauben“ an sich eben ja schon bedeutet, etwas zu glauben und nicht, etwas beweisen zu müssen.
 
Keine Beweise zu brauchen, heißt aber deshalb noch lange nicht, dass ich mir etwas zurecht gezimmert habe und nun einfach daran festhalte.
 
Ich glaube nicht an irgendetwas, und schon gar nicht an etwas, das ich starr verteidigen muss. Ich glaube an die Liebe, ich glaube an die Menschwerdung durch die Liebe, und ich glaube an die Lebendigkeit der Liebe, die sie allen äußeren Einflüssen gegenüber unveränderbar macht. Deshalb ist sie für mich Gott, weil diese Liebe absolut ist.
Ich lasse jederzeit Einflüsse von außen zu, ich überprüfe auch, ob meine „Theorie“ vielleicht tatsächlich nicht standhalten kann. Mit Beweisen hat das aber nichts zu tun. Sondern mit Offenheit und Flexibilität, ohne die es keine Liebe gibt.